Bürgerinitiative gegen Windenergieanlagen im Naturpark Arnsberger Wald

Warum es absurd ist, ausgerechnet im Ökosystem Arnsberger Wald Windenergieanlagen zu errichten

Der weltweite Verlust an biologischer Vielfalt und das Wiederherstellen der Natur stellen große umweltpolitische Herausforderungen unserer Zeit dar und erfordern auch in unserer Heimat ein lokales Handeln. Im Gegensatz zum intensiv politisch thematisierten und profitträchtigen Klimaschutz und den forstwirtschaftlichen Interessen hat der Erhalt der biologischen Vielfalt jedoch hier auf dem Land leider keine bemerkenswerte Lobby.

Eine der zentralen Instrumente zum Schutz bedeutender Ökosysteme ist die von Deutschland mit verabschiedete EU-Vogelschutzrichtlinie. Sie schreibt den Regierungen vor, die Bestände aller wildlebenden Vogelarten in einem günstigen Zustand zu erhalten. Dazu zählen auch die gefährdeten Vogelarten des Waldes wie der Schwarzstorch mit seinem enormen Raumanspruch, der Rotmilan, Wespenbussard, Raufußkauz, Sperlingskauz und viele Spechtarten, die allesamt im Landschaftsraum Arnsberger Wald mit bedeutenden Populationen vertreten sind. Doch bei den Anstrengungen zum Erhalt der biologischen Vielfalt ist Deutschland alles andere als ein Musterland! Das belegen zahlreiche Vertragsverletzungsverfahren der EU gegen die Bundesrepublik. Im EU-Vergleich zählt gerade NRW mit lediglich 4,8 % seiner Landesfläche an ausgewiesenen Flächen für Vogelschutzgebiete eindeutig zu den Schlusslichtern. Bei einem EU-Durchschnitt von 12,5 % und angesichts der großen Vorkommen schützenswerter, gefährdeter Arten ist das Land hier stark in der Pflicht!

Verbreitungskarte Schwarzstörche (Arnsberger Wald rot eingekreist)

Um den o.a. günstigen Erhaltungszustand und das langfristige Überleben der Arten sichern zu können, müssen deren Lebensräume ausreichend groß und entsprechend geeignet sein. Das gilt entsprechend auch für Arten mit enormen Raumansprüchen, wie dem Schwarzstorch. Welch gravierende Auswirkung dabei die politisch forcierte Errichtung von Windrädern in solchen Gebieten bereits in wenigen Jahren haben kann, zeigt eindrucksvoll die Bestandsentwickung des windkraftsensiblen Schwarzstorches im Vogelsberg, Hessens ehemaligem TOP-1 Vogelschutz­gebiet für diese Art. Dort siedelten zu seiner Ausweisung in 2004 beachtliche 14–15 Schwarzstorchpaare. In 2010 waren es noch 7–9, in 2016 nur noch 3 bekannte Revierpaare.

Dazu sollte man wissen, dass beim Schwarzstorch bislang nur wenige Schlagopfer bekannt geworden sind. Er gilt jedoch als sehr störungsempfindlich in seinem Brutumfeld. Und da er Windparks oder Windenergieanlagen tendenziell eher umfliegt, andererseits die geplanten Windenergieanlagen sehr nah an den dichtgelegenen Bachtälern liegen, die wiederum seine variablen Hauptnahrungshabite darstellen, ist eine latente Beeinträchtigung seines Hauptlebensraums zu erwarten. Laut BfN drohen ihm so der Verlust von Teilhabitaten, die Verringerung des Bruterfolgs, die Aufgabe der Reviere und letztlich die Beeinträchtigung der lokalen Population. Die Untersuchungen befinden sich jedoch erst im Anfangsstadium und lassen noch gar keine verallgemeinerungswürdigen Schlussfolgerungen zu. Die Vogelschutzwarten der Länder raten daher unbedingt dazu, gerade Dichtezentren solch sensibler Arten von Windparks freizuhalten. Denn es ist für den Erhalt der Arten wichtig, dass die dort lebenden Bestände ihre Funktion als “Quellpopulationen” erhalten können. Dieser Überschuss ist notwendig, um Verluste in anderen Regionen mit geringeren Siedlungsdichten und schlechterer Habitateignung auszuglei­chen.

Werden Schwarzstörche für immer vertrieben?

Das Land NRW hat mit 100-120 Schwarzstorchpaaren (Stand: 2015) nach Bayern bundesweit die höchste Population dieser seltenen und gefährdeten Art und trägt eine entsprechend hohe Verantwortung für ihren Erhalt. Der Arnsberger Wald zwischen Ruhr, Möhne und Alme stellt dabei mit 16-20 Brutpaaren und einer in diesem Gebiet durchgängig hohen Siedlungsdichte von 4-5 Brutpaaren pro Messtischblatt ein bundesweit herausragendes Dichtezentrum dar. Diese Tatsache wird leider in auffälliger Weise ignoriert, wohl aus politischen und opportunistischen wirtschaftlichen Erwägungen. In solchen, für den Artenerhalt geeignetsten Gebieten ist die generelle Vereinbarkeit mit der Windenergie EU-rechtlich äußerst fraglich, erst recht, wenn sie widerrechtlich nicht als EU-Vogelschutzgebiet ausgewiesen worden sind!

Wegen ihrer besonderen Lebensraumanforderungen bestätigen die Vorkommen des Schwarzstorches zudem das funktionierende Waldökosystem Arnsberger Wald mit seinem dichten, naturnahen Fließgewässernetz und einem relativ intakten Biotopverbund mit eingesprengten, alten Laubbaumflächen. Sie lassen also auf eine hohe Qualität der Habitatausstattung schließen, die auch für den Erhalt vieler anderer Arten von großer Bedeutung sind. Die derzeitigen Kahlflächen erzeugen übrigens viele Saumflächen (Ökotone), die die Artenvielfalt zusätzlich erhöhen. Neben ihren Funktionen als CO2-Senke für den Klimawandel und als natürlicher Speicher unseres Trinkwassers sind derartig ausgestattete Waldökosysteme geradezu prädestiniert, die aktuelle EU–Biodiversitätsstrategie 2030 zu unterstützen, die die Schaffung von Schutzzonen auf mindestens 30 % der Landgebietsfläche Europas vorsieht.

Trotz der politischen Not, Flächen für den Ausbau der erneuerbaren Energien zu finden, sollten dafür keine konfliktträchtigen Naturräume wie der Arnsberger Wald erwogen werden, die eine besondere Bedeutung für den Erhalt der biologischen Vielfalt haben. Es wäre obendrein absurd und geradezu paradox, den Windkraftausbau ausgerechnet in jenen Dichtezentren seltener, windkraftgefährdeter Arten zu forcieren, die gerade deshalb eigentlich unter besonderen Schutz zu stellen sind!

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> Warum wir den Arnsberger Wald schützen wollen

> Warum der natürliche Trinkwasserspeicher Arnsberger Wald geschützt werden muss

> Warum das Landschaftsbild und die historische Kulturlandschaft Arnsberger Wald erhalten bleiben müssen

Wissenswert

> Was Deutschlands bekanntester Förster von Windenergieanlagen im Wald hält