Bürgerinitiative gegen Windenergieanlagen im Naturpark Arnsberger Wald

Fünf triftige Gründe, die für das Versagen des gemeindlichen Einvernehmens sprechen

So erschien unsere Pressemitteilung am 9. Dezember 2023 im Soester Anzeiger

Am Montag, 11.12.2023, 18 Uhr, findet eine > Sitzung des Warsteiner Stadtrats statt, in der das gemeindliche Einvernehmen für nun wesentlich größere Windenergieanlagen am Rennweg erteilt werden soll. Der Bürgermeister schreibt in seiner Beschlussvorlage an den Stadtrat: „Aufgrund des dargestellten Sachverhaltes ist das gemeindliche Einvernehmen für die Änderung des Anlagentyps aus Rechtsgründen zu erteilen“. Die Bürgerinitiative „Windpark Arnsberger Wald – Nicht mit uns!“ hat den Sachverhalt eingehend untersucht und kommt dabei zu einem gegenteiligen Ergebnis.

1. Die neuen ENERCON-Anlagen sind mit 250 Metern 6% höher als die genehmigten eines ganz anderen Herstellers, SIEMENS-GAMESA. Die Rotorfläche soll sich von 1,6 Hektar auf 2,4 Hektar vergrößern, das sind beträchtliche 50%! Es handelt sich folglich keineswegs um eine ersatzweise Anlagentypänderung, sondern um eine Neuplanung eines Projekts mit ganz anderen Ausmaßen!

2. Alle elf genehmigten Anlagen liegen mit durchschnittlich 103 Metern Turmmittenabstand zu nah an den neuen, inzwischen einstweilig sichergestellten bzw. noch auszuweisenden Naturschutzgebieten. Diese sollen u.a. dem Schutz landschaftsraumtypischer Arten wie dem Schwarzstorch, dem Wespenbussard und dem Uhu dienen, also windenergieempfindlichen Vogelarten. Die Hälfte der Anlagen überstreifen jedoch mit ihren 86 Meter langen Rotorblättern die neuen Bachtal-Naturschutzgebiete und das mit einer Geschwindigkeit von mehr als 500 km/h! Bis zu 75 Meter werden die Rotoren in die Naturschutzgebiete hineinragen und somit deren Habitatfunktion entwerten. Zwei Anlagenstandorte (WEA 11 und WEA 12) liegen daher nur deshalb in dem Windenergiegebiet des Regionalplanentwurfs, weil sie aufgrund der bereits erfolgten Genehmigung der SIEMENS-GAMESA-Anlagen an das Windgebiet „angedockt“ werden mussten. Entsprechendes gilt für die Standorte der WEA 3 und WEA 13, in deren unmittelbarer Nähe noch Naturschutzbereiche auszuweisen sind, deren Naturschutzwürdigkeit dem Kreis Soest bislang nicht bekannt war. Da die neuen Naturschutzgebiete dem Schutz windenergiempfindlicher Vogelarten dienen sollen, ist laut Windenergieerlass die Einhaltung eines Mindestabstands von 300 Metern zu den Rotorblattspitzen geboten. Aufgrund dieser Abstandsvorgabe und der dichtgelegenen Bachtal-Naturschutzgebiete ist zu erwarten, dass sich das Windenergiegebiet Rennweg bei der noch anstehenden Umweltprüfung des Regionalplans gravierend verkleinern wird und danach keine der genehmigten Anlagen mehr in dem u.U. verbleibenden Rest-Windenergiegebiet liegen werden.

3. Das Areal des Windparks liegt vollständig in dem faktischen Vogelschutzgebiet Arnsberger Wald. Es handelt sich hierbei um ein Gebiet, das die Kriterien für ein europäisches Vogelschutzgebiet erfüllt, jedoch nicht als solches ausgewiesen wurde. Unter Bezugnahme auf den Arnsberger Wald hat die EU-Kommission am 30.3.2022 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass nach der Rechtsprechung des BVerwG 1 und des EuGH 2 in diesem Fall auch ohne Ausweisung der Schutz zum sog. „faktischen Vogelschutzgebiet“ gewährleistet ist. Die Mitgliedstaaten haben die Verpflichtungen, die sich aus der Festsetzung eines Vogelschutzgebietes ergeben, nämlich auch in diesem Fall zu beachten. Kommt ein Mitgliedstaat seiner Verpflichtung zur Ausweisung von Vogelschutzgebieten nicht nach, erfahren solche Gebiete bis zu ihrer ordnungsgemäßen Unterschutzstellung den strengen Schutz des Art. 4 Abs. 4 Satz 1 der EU-Vogelschutz-Richtlinie als sog. faktische Vogelschutzgebiete. Eine Gerichtsentscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster hierzu steht noch aus.

4. Die naturschutzfachliche Bedeutung des Gesamtraums Arnsberger Wald ist noch nicht geklärt; somit können die Auswirkungen eines Windparks auf ihn gar nicht ermittelt werden! Hierzu bedarf es eines aktuellen Fachbeitrages des Naturschutzes und der Landschaftspflege, der laut Landesnaturschutzgesetz vom LANUV (Landesumweltant) für jede Regionalplanung und jede Landschaftsplanung verpflichtend bereitzustellen ist. Der Fachbeitrag SO/HSK ist jedoch der einzige in NRW, der völlig veraltet und wohl aus diesem Grund – ebenfalls gesetzeswidrig – nicht digital im Netz abrufbar ist. Es bestehen beispielsweise gravierende Defizite bei der Erfassung naturschutzwürdiger Bereiche wie Bäche, Moore und bei Vogelarten im gesamten Naturraum Arnsberger Wald. Am 25.1.2021 erklärte das LANUV, dass „die Daten, insbesondere im Bereich der Quellen“, lediglich „stichprobenhaft durch einen Fachkollegen im Gelände“ überprüft worden sein. „Eine bodengebundene Kartierung“ erbringe „keinen zusätzlichen Erkenntnisgewinn“ und sei „daher zurzeit nicht unmittelbar dringlich“. Die Schwerpunktvorkommen windenergiesensibler Arten sollen laut LANUV auf dem Stand vom 1.6.2019 sein; sie berücksichtigen jedoch nicht das Schwarzstorchvorkommen beim Rennwegareal, dessen Revierpaar dort seit April 2019 mit seinem beachtlichen Wirkungsradius brütet. Obwohl dieses Brutpaar nachweislich seit diesem Zeitpunkt dem Kreis bekannt war, hat er die Daten erst in den Jahren 2020 und 2021 dem LANUV gemeldet. Der rechtskräftige Regionalplan von 2012 gebietet, alle naturschutzwürdigen Bachtäler im Arnsberger Wald als Naturschutzgebiet auszuweisen. Hierbei sind die Quellbereiche, Oberläufe und kleineren Seitenbäche einzubeziehen und es ist auf die Durchgängigkeit der Fließgewässer zu achten. Die Einwendung der Naturschutzverbände von November 2022, dass diese Vorgabe nicht systematisch umgesetzt worden sei, hatte der Kreis Soest und sein Umweltausschuss bislang ignoriert und wollte lediglich einzelne, beispielhaft genannte Defizite beheben.

5. Die gesetzlich erforderliche, ausreichende Erschließung ist bislang nicht nachgewiesen worden. Die Sichtigvorer Möhnebrücken werden laut Auskunft des Kreises Soest dem Schwerlastverkehr nicht standhalten. Auch die Zuwegung über den Hirschberger Weg muss aufgrund ungeklärter privater Eigentumsverhältnisse in Frage gestellt werden. Selbst wenn diese einmal geklärt sein sollten, ist die Inanspruchnahme der Privatwege aufgrund des Eingriffs in die Grundrechte der Eigentümer äußerst fraglich.