Bürgerinitiative gegen Windenergieanlagen im Naturpark Arnsberger Wald

Unser Leserbrief im “Soester Anzeiger”

Leserbrief im “Soester Anzeiger”

Dieser Leserbrief der Bürgerinitiative „Windpark Arnsberger Wald – Nicht mit uns“ erschien am 1. September 2022 im Soester Anzeiger. Hier ist die ursprüngliche Version:

„Zum Thema ’hiesige Vogelschutzgebiete’ werden von der Lokalpolitik regelmäßig Halbwahrheiten verbreitet.“ kritisiert Hubert Struchholz, Vorsitzender der ‘Bürgerinitiative Windpark Arnsberger Wald – Nicht mit uns!’ in einer Pressemitteilung. „Mit markanten Worten wie ‘das Heft des Handels in der Hand behalten’ soll dem Bürger suggeriert werden, die Politik habe bei der Ausweisung dieser Schutzgebiete entscheidende Handlungsspielräume. Dabei sieht die europäische Vogelschutzrichtlinie vor, dass Vogelschutzgebiete rein nach ornithologischen Gesichtspunken auszuweisen sind und eine Abwägung mit anderen Belangen unzulässig ist. Die Ausweisung dieser Gebiete selbst ist keineswegs freiwillig, sondern als eines der bedeutendsten Instrumente des europäischen Naturschutzes ein zwingendes Gebot!

Abgesehen vom Repowering ist in NRW das Errichten von Windrädern in EU-Vogelschutzgebieten wie auf der Haar unzulässig. Das Land begründet dies damit, die von der EU vorgeschriebenen Vogelschutzgebiete (VSG) seien nur „sehr restriktiv“ ausgewiesen und sie umfassten zudem die Schwerpunktgebiete der windkraftsensiblen Arten. Übersetzt bedeutet das: NRW zählt mit lediglich 4,8% seiner Landesfläche an ausgewiesenen VSG-Flächen im EU-Vergleich (12,5%) als Schlusslicht. Für einige wertgebende Vogelarten wie den windkraftsensiblen Schwarzstorch, der in der EU höchste Schutzpriorität genießt, wurden aber entgegen geltendem EU-Recht noch gar keine VSG ausgewiesen. Und die wenigen umgesetzten Vogelschutzgebiete, wie das auf der Haar, hat das Land nur widerwillig aufgrund von Vertragsverletzungsverfahren der EU umgesetzt. Was die Befolgung von Recht und Gesetz betrifft, hat das Land NRW also recht zweifelhafte Vorstellungen, die nicht mit EU-Recht zu vereinbaren sind. Dies hat vor kurzem auch die EU-Kommission, welche eigens hierzu von der BI konsultiert wurde, bestätigt und sich deshalb an Berlin gewandt.

Das Land NRW weigert sich vehement, für die Vogelart „Schwarzstorch“ Vogelschutzgebiete auszuweisen, so wie es EU-Recht und auch das landeseigene Auswahlkonzept zwingend vorsieht. Anerkannte Ornithologen- und Naturschutzverbände wie DDA, NABU und LNU haben den Landschaftsraum Arnsberger Wald als eines der bedeutendsten Dichtezentren des Schwarzstorchs nicht nur in NRW, sondern auch auf Bundesebene ausgemacht. Das Land, das die Aufgabe des Monitorings bestimmter schützenswerter Arten bisher seit vierzig Jahren schlichtweg aussitzt, bedauert die eigene Untätigkeit. Obwohl es einräumt, dass ihm für manche Arten, auch für den Schwarzstorch, gar keine aussagekräftigen Zahlen vorliegen, besteht es seit jeher dogmenhaft darauf, der Schwarzstorch sei gleichmäßig in den Mittelgebirgen verteilt und somit seien keine Schutzgebiete auszuweisen. Die nach wissenschaftlichen Methoden erfassten Daten der Naturschutzverbände, die das Gegenteil belegen, ignoriert es. Die hanebüchene Aussage des Landes, der Arnsberger Wald grenze sich für ein Vogelschutzgebiet nicht genügend von seiner Umgebung ab, muss nicht weiter kommentiert werden.

Bei der Ermittlung von Vogelschutzgebieten gelten ausschließlich ornithologische Kriterien. Eine Abwägung mit anderen Interessen, z.B. mit der Windkraft, ist unzulässig. VSG, die die Kriterien zur Ausweisung erfüllen, jedoch widerrechtlich nicht ausgewiesen wurden, gelten als „Faktische Vogelschutzgebiete“. In ihnen besteht quasi eine Änderungssperre.

Mit der Anerkennung von Fakten, die die Erfüllung der Kriterien für ein Vogelschutzgebiet „Arnsberger Wald“ belegen, scheinen Politiker wohl derzeit nicht besonders punkten zu können, da dieses Thema aktuell weder populär ist noch in die aktuelle Planung passt. Auch sonst forsch auftretende Naturschutzbeamte wagen es leider nicht, diese Fakten pflichtgemäß anzuerkennen.

Beim NRW-Umweltministerium liegt seit Februar 2021 ein substantiiert begründeter Antrag auf Ausweisung des Arnsberger Waldes als VSG vor. Dieses Ministerium wurde zudem wiederholt vergeblich gebeten, das faktische Vogelschutzgebiet anzuerkennen. Auch der Bitte, die TOP-5-Gebiete ausgewählter Waldvögel offenzulegen, welche die Basis für die Vogelschutzgebiete bilden müssen, wurde nicht entsprochen. Inwieweit dieses Aussitzen und Ignorieren eine Methode der Willkür und Rechtsbeugung darstellt, um das politisch gewollte Windenergie-Großprojekt Arnsberger Wald mit 200 Mega-Windrädern mit aller Gewalt durchzuboxen, darüber darf sich der Leser seine eigenen Gedanken machen!

Die Genehmigungsentscheidung des Rennweg-Windparks durch den Kreis Soest wird in Kürze fallen. Die Aussagen zum faktischen Vogelschutzgebiet Arnsberger Wald oder das weitere ministerielle Aussitzen des Themas werden hier von maßgeblicher Relevanz sein. Es wird eine Entscheidung werden, an der sich in NRW der Umgang mit der Rechtsstaatlichkeit messen lassen wird.“